Zur Übersicht
  • Pressemitteilungen

So gelingt der Neuanfang mit 60

Frank Felgenhauer hatte schon fast ein ganzes Berufsleben hinter sich, als er noch mal neu anfangen musste. Dank einer Qualifizierung in Heidelberg wurde aus dem ehemaligen Vertriebsleiter die gute Seele einer Schule.

Kalendereintrag
Foto: Frank Felgenhauer am Schreibtisch im Sekretariat.

Sieben Uhr, Rush Hour im Sekretariat der Kraichgauschule Gondelsheim: Materialien werden organisiert, Klassenlisten ausgeteilt, dazwischen melden sich Schüler krank, Eltern rufen an. 100-mal klingelt vormittags oft das Telefon. Frank Felgenhauer kümmert sich um alles und behält die Ruhe. Schließlich hat der ehemalige Vertriebsleiter diesen Job bewusst gewählt – mit über 60.

Nach 55 bekommt man keine neue Arbeitsstelle mehr, hieß es lange. Dabei kann die Wirtschaft auf diese Arbeitskräfte kaum verzichten, sonst ginge zu viel Erfahrung verloren: Ihre Zahl hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes.

Auch Frank Felgenhauer hat schon einiges gemeistert. Als Vertriebsleiter legte er 130.000 Kilometer im Jahr quer durch Süddeutschland zurück. Doch irgendwann war da nur noch der Erfolgsdruck. „Ich hatte einen Burnout und wollte etwas ganz Anderes machen. So habe ich fünf Jahre in der Seniorenbetreuung gearbeitet.“ Dann wollte er wieder kaufmännisch tätig sein. Doch wie das Wissen dazu aufholen?

Im Internet stößt er auf das Angebot der „Anpassungsqualifizierung“ (APQ) zur Kaufmännischen Fachkraft an der SRH Berufliche Rehabilitation. Das Heidelberger Unternehmen unterstützt Menschen nach Unfall oder Krankheit dabei, beruflich wieder einzusteigen. Teilnehmende frischen ihre Office-Kenntnisse auf, aktualisieren ihr Wissen und üben die Praxis in Projekten.

Statt im Seminarraum lernen sie in einem Lehrbetrieb. „Sie organisieren die Abläufe selbst und verwirklichen gemeinsam Projekte. Alle sind jeweils für eine Abteilung zuständig, vom Personal- bis zum Qualitätsmanagement“, erklärt Lehrkraft René Fleischer das Konzept. Seine wichtigste Aufgabe dabei: Das Lernen wieder zu ermöglichen.

„Unser Gehirn ist auf Lernen programmiert. Doch je mehr Erfahrungen man hat, umso eher wird bei einem neuen Eindruck eine bereits vorhandene Erfahrung abgerufen. So sind wir weniger offen für neue Wege. Die Teilnehmenden bekommen deshalb Werkzeuge, wie sie ihre Ressourcen zum Lernen nutzen können.“

Für sein Praktikum am Ende der APQ wollte Frank Felgenhauer ins Rathaus seiner Heimatgemeinde Gondelsheim. Und das ging gleich richtig los: Am ersten Tag war die Sekretärin der Schule krank. Kurzerhand wurde der Neue gefragt, ob er sich das zutraue. „Durch die APQ war ich in vielen Vorgängen drin und konnte das Gelernte direkt anwenden.“

Dieser Tatendrang hat überzeugt: Heute arbeitet Frank Felgenhauer morgens im Schulsekretariat, dann übernimmt er Aufgaben im Rathaus, bevor es nachmittags wieder an die Schule geht. Mit seiner Erfahrung und seiner offenen Art erfährt der „Frank für alle Fälle“ nach 46 Berufsjahren eine ganz neue Wertschätzung. „Manchmal kommt es mir noch vor wie im Film“, lacht er und würde die APQ heute wieder machen. „Ich bin durch diese Zeit gereift: Ich definiere mich weniger über die Arbeit. Ich mache sie, so gut ich kann. Mit dieser Einstellung macht es viel Spaß.“